Stavanger – eine Zeitreise

Tagträumend sitze ich in einem Café im Hafenviertel von Stavanger. Vor mir eine große Tasse Kaffee und ein Buch. Der Blick ist auf das riesige Kreuzfahrtschiff gerichtet, dessen Dimensionen angesichts des eher kleinen Hafenbeckens
unwirklich scheinen. Ich nehme einen großen Schluck des duftenden Kaffees, schaue mir die alten Fotos in dem Buch an und lasse die Zeit vorbei ziehen. Die Stimmen des Nachbartisches werden leiser, der Kreuzfahrtdampfer immer kleiner und die vorbeigehenden Touristen verschwinden nach und nach. Plötzlich gleicht die Umgebung der Bilder aus dem Buch:
Es ist das Stavanger des späten 19.Jahrhunderts.

erlingjensen.netBakerbrygga-1900

(Takk for bildene Erling! Fotos: Erling Jensen/www.erlingjensen.net)

Ein Schiff verläßt den Hafen und wird seine 17 köpfige Mannschaft nicht wieder nach Hause bringen. Fern der Heimat gerät es in einen so starken Orkan, wie es die Mannschaft noch nie zuvor erlebte. Das Schiff, mit dem Namen „Drot“, ist nicht mehr steuerbar und ein Mann nach dem anderen werden über Bord gespült.
Einige der Seeleute, die sich am Heck des Schiffes befinden, bauen schnell ein Floß aus Dielen, Balken und Tauen, bevor das Schiff komplett auseinander bricht. Acht der Männer können sich auf das Floß retten.
Nach vier langen Tagen auf See, ohne Nahrung und Wasser, sind sie nur noch zu dritt. Vor lauter Hunger und Durst, schneidet sich einer der Seeleute in den Arm und trinkt sein eigenes Blut. Das ist der Auslöser, dass sich die Männer dazu entscheiden, dass sich einer für die anderen  opfern sollte. Sie ziehen Lose und es trifft den deutschen Matrosen Hoffmann. Dieser trägt es mit Fassung und die anderen erstechen ihn, um ihn anschließend zu essen.

Sechs Tage später werden die zwei Überlebenden gerettet. Darunter der 17jährige Gudmund. Jahrzente später erfährt Gudmunds Neffe Magne von dem Schicksal der Drot und dass sein Onkel aufgrund Kannibalismus überlebte. Gudmund selbst sprach nie ein Wort darüber. Als Magne Rentner ist, stellt er Nachforschungen an und beschließt, ein Buch darüber zu schreiben. Exakt einen Tag nachdem Magne starb, ging sein Buch in Druck.

drot
Wer die ganze Geschichte erfahren möchte, sollte sich „Drots Forlis“ von Magne D. Stensland anschauen. Ein Buch, das zum Zeitreisen einlädt!